Hans H. hat geschrieben:
Deshalb sollten wir hier ohne eine Wertung der anderen Meinung damit aufhören ....
So einfach ist das auch nicht. Wenn sich in mir ein Gedanke festgefressen hat, dann werde ich den nicht so einfach los.
Also, zum Problem, warum die Kunstfreiheit im Grundgesetz steht, habe ich diese interessante Aussage gefunden:
Die im Parlamentarischen Rat 1947 bis 1949 tätig gewesenen »Verfassungsväter« haben das spezielle Freiheitsgrundrecht gemäß Artikel 5 Abs. 3 Satz 1 Grundgesetz aus den gerade erst zurückliegenden Erfahrungen der Nazizeit heraus in absoluter Form geregelt mit der Absicht, nie wieder Missbräuche aufkommen zu lassen.
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Nach der ebenfalls massiven Verfolgung auch von Künstlern im Nationalsozialismus war die Übernahme der Kunstfreiheit als selbständiges Grundrecht in das Grundgesetz völlig unstreitig.
http://rechtsstaatsreport.de/kunstfreiheit-und-steuern/
Also, wenn diese Quelle recht hat, dann war der Grund für die Kunstfreiheit nicht die Kunst an sich, sondern der massive Missbrauch zur Verfolgung von Künstlern. Da kommt man ja nicht so ohne weiteres darauf. Die Kunstfreiheit zielt also zuallererst auf den Schutz der Künstler ab und nicht auf deren Werk. DAS ist plausibel.
Zum nächsten Problem, was hier diskutiert wurde, dem "Hausrecht" habe ich den folgenden Beitrag gefunden, den ich interessant finde:
Ahnen wir schon kaum, was Freiheit, was Kunst ist, so wissen wir es noch viel weniger: ein Verabredungsbegriff mit je nach historischer, partikularer, politischer, ästhetischer, kausaler Bedingung wechselnder Geltung. Kunst ist eine Hypostase, die abgehoben vom untergeschobenen gegenständlichen Werk als dessen mitgeführter Gedanke existiert.
....
Kunst jedoch erstellt ihren Begriff zu jeder Zeit, durch jeden Vollzug, mit jedem Urteil neu. In jedem Neuansatz sind alle vorangegangenen aufgehoben. Letztlich fallen die Bedeutungen von Kunst und Freiheit in eins zusammen, nämlich in der Autonomie des tätigen Individuums. Aber kaum ausgesprochen, stößt dieser Gedanke schon an seinen eigenen Widerspruch: Wirkende Kunst verwirklicht sich nur öffentlich, Privatkunst ist eine contradictio in adjecto.
https://www.mphil.de/kalender/plakate/p ... iheit.html
Aha, "Kunst verwirklicht sich nur öffentlich". Das ist ja eigentlich trivial, weil die Diskussionen ja erst dann richtig in Fahrt kommen, wenn Kunst veröffentlicht ist. Sonst wirkt sie nicht. Insofern müsste jede Form der Veröffentlichung eigentlich von der Kunstfreiheit geschützt sein, ist sie aber nicht, wie wir gesehen haben. Hat der Künstler aber keine Möglichkeit seine Kunst zu veröffentlichen, dann ist sie nicht frei.
Und das betrifft offensichtlich auch schon ganz andere Bereiche der Gesellschaft:
Christoph Schlingensief, Film- und Theaterregisseur: "Es ist schon seltsam, dass man es in Berlin nicht schafft, eine NPD-Demonstration zu verbieten, während man eine Oper einfach so absetzen kann. Die Oper ist ja an sich ein unangenehmer Haufen. Ihr Versuch zu aktualisieren, ist meist eine Zwangsaktualisierung. Die ,Idomeneo'-Inszenierung hätte unbedingt stattfinden müssen. Nicht wegen der Provokation, sondern weil die Realität in die Oper reingeraten wäre, weil sie in diesem Stoff selbst schon angelegt ist. Dies mit einem Bild der Enthauptung, das auch ein Bild der Gleichberechtigung ist. Die Deutsche Oper Berlin hat sich gewissermaßen selbst enthauptet."
http://www.taz.de/1/archiv/?dig=2006/09/27/a0158
So gesehen ist die Kunstfreiheit wohl mehr ein Anspruch als die Realität.
Deshalb ist auch nackt und nackt nicht dasselbe.
Was zu beweisen war.