BOeinNackter hat geschrieben:Möglicherweise hatte Herr Wedemeier-Kolwe das bis dahin größte FKK-Archiv von Karlwilli Damm zur Verfügung. Aber auch, wenn es nicht so war, gab es bis schon einiges an Literratur über die FKK, die auch alte Quellen nutzte.
Interessant ist schon, was man bei der Geschichte so zusammen fasst. Zeitlich kann man bei den Römern, dem Mittelalter, den ersten Licht-Luft-Vertretern im 18. Jh. oder erst um 1900 beginnen.
Räumlich könnte man weltweit, in Europa oder nur iin Deutschland forschen.
Inhaltlich kann man die sozialen, kuturellen und politischen Ereignisse im Bezug auf die Frage der Nacktheit einbeziehen oder sich nur auf jene beschränken, die schon von FKK sprachen oder die ersten Vereine gründeten.
FKK fand nie im freien Raum statt. Sie war immer Teil einer größeren Geschichte und alle dazukommenden Informationen und Aspekte verändern das Bild das sich davon zeichnen lässt.
Geschichtsschreibung hat immer sehr viel mit den Einstellungen der schreibenden Person zu tun. Da hilft die beste Wissenschaft nicht. Wissenschaft ist immer mitten in der Diskusson. Vor alllem die Wertung von Ereignissen ist subjektiv. Geschichte handelt auch immer nur von Vergangenheit.
Ich hatte gehofft, hier ginge es um eine moderne Sicht für die Zukunft. Diese Zukunft möchte ich nicht durch eine irgendwie fixierte Definition festlegen. Freikörperkultur braucht endlich mehr freien Raum zum wachsen. Man könnte höchstens überlegen, welche heutigen Trends in die Zukunft weitergeführt werden können oder welche Ideen auf neue Wege führen könnten.
Weil es nun mal um eine Kultur geht, sollten die Vielfalt, Offenheit und Freiheit zu wichtigen Teilen einer modernen Definition gehören. Unsere Kultur ist nur dann auch etwas aus der Vergangenheit, wie Mozart, Rubens oder Laban, wenn wir heute etwas damit anfangen, das heißt in unserer heutigen Kultur verwenden.
Bach war vergessen, bis Mendelssohn ihn entdeckte und heut gehört er zu unserer Kultur, weil er immer wieder neu interpretiert wird. Heute können wir Tänze nach Filmen und Beschreibungen ziemlich ähnlich nachtanzen, man kann aber auch die originalen Scores oder Partituren, von TänzerInnen so aus ihrem Empfinden heraus tanzen lassen, wie es die TänzerInnen in den Filmen auch gemacht haben. Dann bricht der berechtigte Streit los, welche Version authentischer ist. Ähnliche Probleme gibt es bei Malerei, Musik und Theater. Wir können uns Vergangenes nicht 1:1 vor Augen führen. Jedes Ereignis ist unwiederholbar.
Bei deinen Vergleichen zur Musikkultur oder zu sozialen, politischen und alten Kulturen aus der Geschichte sieht man schon, daß es eigentlich schon übertrieben ist, bei dem Nacktbaden und sämtliche andere sportlichen Aktivitäten von Kultur zu sprechen. Warum sind in Deutschland denn solche relativ simplen Dinge so kompliziert? Immer dann, wenn eine bestimmte Gruppe von Leuten etwas tut, was sich von der Allgemeinheit abhebt, nicht für ganz gewöhnlich angesehen wird, spricht man gleich von einer besonderen Kultur.
Und vor 120 Jahren war es natürlich sehr außergewöhnlich, genau in der prüdesten Zeit sich nackt zu bewegen, Nacktheit eben nicht zum Zweck der Sexualität im stillen Kämmerlein zu praktizieren, sondern draußen in der Natur, mit anderen Leuten, Sport zu machen und sich auch noch gesünder zu ernähren. Daß man das eine besondere Kultur nannte, war sicher verständlich. Aber heute sieht die Situation eben völlig anders aus. Man kann es ja weiterhin FKK nennen, ist halt ein typisch deutsches Wort, aber der Inhalt hat sich im Laufe der Zeit geändert. Aber daraus muß man doch kein Problem machen. Es gibt noch viele andere alte Begriffe, die heute eine andere Bedeutung haben als ursprünglich. Da macht man ja auch nicht ein solches Gedöns.
Das Hauptproblem, weshalb soviel Streit entsteht, ist doch im Grunde nur die Frage, ob man auch die Sexualität dazurechnen soll oder nicht.
Und das wird heute genauso klar definiert wie damals, daß das
nicht zum Sinn der FKK gehört. Nur paßt das eben manchen Leuten nicht.