hajo hat geschrieben:Wenn Leute bekleidet auf einmal in veröffentlichten Videos oder auf Bildern in der Zeitung auftauchen, finden das so manche spannend und verweisen die Bekannten und Verwandten darauf hin.
"Haste gesehen? Ich war auf der Tribüne/beim Schützenfest/an der Straße/bei der Demo..."
Sobald aber die Kleidung fehlt, ist Panik angesagt.
Das, und nur das ist der Punkt. Auf Darstellungen in den Medien, auf denen sie bekleidet zu sehen sind, sind sie in der Regel stolz, obwohl sie nicht vor der Veröffentlichung gefragt worden sind, ob das okay wäre. Aber wenn sie nackt sind, pochen sie plötzlich auf Persönlichkeitsrecht. Mit anderen Worten: Sie sind es selbst, die die Nacktheit als etwas Schlimmes bzw. nicht Zeigbares ansehen.
hajo hat geschrieben:Wenn es mehr Menschen - wieder - gäbe, die zu ihrer gelegentlich oder oft gelebten Nacktheit stünden, änderte sich auch die Akzeptanz.
Ab Anfang der 1970er Jahre bis etwas Mitte der 1980ger war das ja auch kein Problem.
Mein Reden.
hajo hat geschrieben:Aufgrund des offenen Umgangs hätten damals die Kollegen bei Fotos am schwarzen Brett nicht gelacht "und die Betroffenen dann " fertiggemacht "". Sie waren entweder dabei oder wussten um diese Aktion.
Eben. Doch das waren andere Zeiten. Nur wenn man etwas verheimlicht, wird man angreifbar.
Tim007 hat geschrieben:Wir wollen jetzt einmal nicht zu weltfremd sein.
Ja, es gab Zeiten, als man mit unfreiwilligem Outing von Homosexuellen deren Kariere beenden konnte. Mehr noch: Mit dem Wissen um jemanden Homosexualität wurden Leute erpresst, nicht zuletzt von Geheimdiensten. Dies war auch in den 1970er, wo die Nacktheit kein Grund für Mobbing war, noch möglich.
Das ist zum Glück überwunden, dafür herrscht jetzt die Angst vor Nacktheit. Genauer: Vor der abgebildeten Nacktheit. Das ist nur möglich, weil sich der gesellschaftliche Konsens darüber, was moralisch (noch) okay sei, geändert hat. Allenthalben wird zwar behauptet, Nacktheit sei natürlich, aber insgeheim haben die Leute Angst davor, nackt abgebildet zu werden. Das ist Scheinheiligkeit wie jene, die typisch für die 1950er Jahre war.