Ich kann deine Haltung verstehen. Ob sie immer angemessen ist, ja dieses ist eine andere Frage. Ich selber habe hier eine differenzierte Haltung. Zuerst habe ich geprüft, wieweit der Süchtige in der Lage ist, sein eigenes Suchtverhalten zu hinterfragen. Konnte er/sie es nicht, dann habe ich sie soweit vorbereitet, dass er/sie sein süchtig-Sein verstehen kann und dann zu einer entsprechenden Therapie vermittelt. Es konnte aber durchaus vorkommen, dass ich mehrere Vortherapien eingeschaltet hatte, um eine gewisse Krankheitseinsicht wachsen zu lassen, denn ohne eine solche ist eine Therapie nicht möglich. Einige Male hat der/die Süchtige die Therapie aber nur deswegen angetreten, weil er/sie mir einen Gefallen tun wollte. Es hat dann ca. 6 Montate gedauert, bis der/die Süchtige begriff, dass diese seine/ihre Therapie für ihn /sie wichtig ist und dann änderte sich die Motivation für die Durchführung der Therapie. Sollte jedoch ein Süchtiger/eine Süchtige zu keinerlei Therapie bereit sein, so erhielt er/sie von mir keine unterstützende Hilfe.Friedjof hat geschrieben:
Unsozial und egoistisch denken aber auch Drogen,- Alkohol,- Nikotin- und Tablettenabhängige, die sich permanent einer ihnen angebotenen ambulanten oder stationären Therapie verweigern.
Bedenke: So uneinsichtig und störrisch sind kranke Menschen oft – und dennoch verdienen sie unsere Fürsorge. Wenn jedoch du als gesunder Mann ihnen gegenüber ebenso uneinsichtig bist, dann ist das nicht entschuldbar: Dann denkst du unsozial und egoistisch.
Nur die Tatsache, dass ich diesen Menschen als einen kranken Menschen ansah, entließ mich nicht aus der Verantwortung, abzuschätzen, wieweit sich dieser Mensch helfen lassen konnte und wollte und wieweit er/sie auch bereit ist, selbst etwas gegen die Sucht zu unternehmen. Und bei Süchtigen ist manchmal konsequente Härte, jedoch keine lieblose Härte, erforderlich, um sie zu erreichen.
@ Friedjof
Stimmt, aber diese sind oft nicht auf die Therapie vorbereitet worden. Sie bekamen nur das nackte Angebot vergehalten und es wurde sich nicht mit ihnen echt auseinander gesetzt.Unsozial und egoistisch denken aber auch Drogen,- Alkohol,- Nikotin- und Tablettenabhängige, die sich permanent einer ihnen angebotenen ambulanten oder stationären Therapie verweigern.
Nackidei, dieses stimmt. Aber wird denen die Hilfe auch immer so angeboten, dass diese die angebotene Hilfe auch als eine Hilfe begreifen? Es reicht eben nicht, nur die Hilfe anzubieten. Man muss sie schmackhaft machen.Gegen Süchte gibt es keine Pillen. Da hilft nur eine Therapie. Und Therapie funktioniert nur auf freiwilliger Basis. Die kann ich als Helfer nur anbieten, immer und immer wieder.
Es war aber auch möglich, diese Regel zu durchbrechen. Wie so oft, es kommt hier auf die richtige Begründung an.Die Kostenträger stationärer Therapieeinrichtungen beispielsweise zahlen in aller Regel zwei Therapieversuche bei Alkoholkranken. Werden beide abgebrochen ist Schluss.
Unsere Drogenberatung hatte auch solche hoffnungslose Fälle, ja diese gibt es wirklich vereinzelt, nicht alleine gelassen. Sie wurden betreut. Keiner unserer "Drogisten" ist einsam "verreckt".Ich habe einige Menschen betreut, die nach mehreren Entgiftungen und Zwangseinweisungen sich entweder totsoffen, totspritzten oder sich sonstwie das Leben nahmen oder einfach starben. Diesen Menschen wurden zum Schluss von niemanden mehr geholfen. Sie waren schlichtweg abgeschrieben.
Das sollte man recht schnell machen, um die richtigen Zugangswege zu den Süchtigen zu finden.Ich habe irgendwann aufgehört mich Illusionen hinzugeben.
Nur der Süchtige kann sich selbst helfen. Wir Fachleute können nur Hilfestellungen geben.Kein Sozialarbeiter, kein sonstiger Helfer und auch kein Arzt oder Therapeut kann allen Menschen helfen.
Nackidei, das nehme ich dir ab. Aber trotzdem muss ich fragen, wer setzte das Kriterium fest, wem wie zu helfen ist? Der Süchtige? Die Sucht? Oder der Helfer? Man kann einem Süchtigen nicht helfen, in dem ich ihm ein Hilfspaket aus dem Regal anbiete. Ich muss den Süchtigen dazu führen, dieses oder ein anderes Hilfspaket annahmen zu wollen. Leider habe ich die Erfahrung machen müssen, dass viele Kollegen/Kolleginnen sich dieser Mühe nicht unterzogen und es darum nicht zu einer Annahme der Hilfe durch den Süchtigen kam.Alle, auch ich, helfen gern, zumindest diejenenigen, die sich helfen lassen wollen.
Natürlich habe ich auch meine Fälle gehabt, wo ich mit meinen Maßnahmen und Versuchen nicht bzw. nicht direkt landen konnte. Auch ich habe hier meine "Niederlagen" einstecken müssen. Aber langfristig habe ich nahezu alle erreicht. Aber dieses war dann nicht nur mein Erfolg.
Bei der Arbeit mit den Süchtigen muss unbedingt die Familie und das Umfeld umfassend mit eingebunden werden. Die Familie und das Umfeld ist nämlich nicht nur das Opfer der Sucht des Süchtigen, sondern oftmals mit die Ursache. Und hier gilt es, die Familie/das Umfeld enbenso entsprechend "auf Linie" zu bringen, damit die Therapie auch Erfolg haben kann.
Das Problem der Sucht, obgleich es ein gesamtgesellschaftliches Problem ist, ist ein derartig schwieriges Arbeitsfeld, wo eine Verallgemeinerung nicht weiter hilft. Man muss jeden Einzelfall für sich betrachten und bei jeden Einzelfall anders reagieren.